Wie lässt sich der Nutzen von Maßnahmen des Betrieblichen Gesundheitsförderung kalkulieren?
Gar nicht so einfach: Wichtige Indikatoren wären z.B. »harte Fakten« wie Entgeltfortzahlungen und andere Krankheitskosten, die durch Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung gesenkt werden sollen. Daneben spielen aber auch »weichere« Faktoren eine nicht zu vernachlässigende Rolle: etwa die Effizienz- und Ertragsminderungen durch Präsentismus oder die Zuwächse durch eine »fittere« Belegschaft. Schwer zu beziffern…
Zur Bewertung – wenn sie denn erfolgt! – wird bisher eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Instrumente herangezogen, etwa Balanced Scorecards, der Human-Potenzial-Index oder im Rahmen eines neueren Forschungsprojektes die Produktivität von Sozialkapital im Betrieb (Prosob), am häufigsten aber individuelle Bewertungsraster, die aber in der Regel wenig Vergleichbarkeit erlauben.
Die »Initiative Gesundheit und Arbeit« (eine breite Kooperation von Krankenkassen und Gesetzlicher Unfallversicherung) hatte im Jahr 2008 ein Software-Tool vorgestellt, das validere und vergleichbare Daten liefern soll: den »Return-on-Investment-Kalkulator«. Für die, die es möglichst genau wissen wollen oder müssen, sicher eine gute Möglichkeit. Aber nicht ganz einfach!
Der ehemalige Direktor des Instituts für Betriebliche Gesundheitsförderung BGF GmbH, Heinz Kowalski, hat 2012 eine verblüffend einfache Lösung präsentiert, die gut zum Standort seines Unternehmens in Köln passt: die »Kölsche Formel«, die auf einen Bierdeckel passt. Deren Methode: radikale Vereinfachung.
Bei der Kölschen Formel werden einfach nur die ersparten Entgeltfortzahlungskosten dem BGF-Aufwand gegenübergestellt.
Heinz Kowalski gibt dazu ein Beispiel (Quelle: personalmagazin 12/12):
Firma A GmbH, Unternehmen der Energiewirtschaft, 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, stabile Situation und nach Aussage der Firmenleitung und des Betriebsrats neben dem BGM-Projekt keine weiteren Einflüsse auf das Krankheitsgeschehen.
BGM-Ertrag (brutto):
Krankenstand 2010 = 4,8 % | |
BGM-Projekt ab Januar 2011 | |
Krankenstand 2011 = 3,2 % | |
Entgeltfortzahlung 2010 | 630.144 € |
Entgeltfortzahlung 2011 | 420.318 € |
Ertrag brutto | 209.826 € |
BGM-Kosten:
Schulungen Führungskräfte | 9.600 € |
Kurse Mitarbeiter | 7.380 € |
Gesundheitstag | 9.380 € |
neue Stühle, höhenverstellbare Tische | 14.816 € |
Schutzimpfungen | 1.630 € |
Personalaufwand (ca. ¼ Stelle) | 13.128 € |
Sonstige Sachkosten (geschätzt) | 2.500 € |
Summe Aufwand brutto | 58.434 € |
minus Zuschüsse Krankenkasse | 14.250 € |
minus Steuervorteil (geschätzt) | 7.300 € |
Aufwand insgesamt netto: | 36.884 € |
Ertrag BGM netto: | |
209.826 € - 36.884 € | 172.942 € |
ROI = Ertrag BGM (brutto) / Aufwand BGM | 5.7 zu 1 |
Fazit
Passt gerade noch so auf den Bierdeckel. Eine Schnapsidee?
Die »Kölsche Formel« erfasst zwar Kosten vollständig, aber den Nutzen nur pauschal nach verminderten Entgelt-Fortzahlungen. Das ist natürlich eine mehr als grobe Vereinfachung. AU-Tage eignen sich nicht als alleiniger Indikator für die Effektivität von BGF – lassen Sie nur mal eine Grippe-Welle zuschlagen… Krankheitskosten gehen außerdem deutlich über die Entgelt-Fortzahlungen hinaus. Anderer ergebniswirksamer Nutzen wie z.B. eine höhere Wertschöpfung durch fittere und entspanntere Mitarbeiter bleibt unberücksichtigt.
Insgesamt: Die Lösung für das Problem der Aufwand-Nutzens-Abschätzung und der Messung der Effektivität von BGF ist das sicher noch nicht. Es ist eher so Pi mal Daumen… Dennoch eine nette Idee, um notorische BGF-Abstinenzler zu überzeugen. Denn: Trotz dieser sehr ausschnitthaften Erfassung von realen Einsparungen wird das Verhältnis von Kosten und Nutzen in der Regel zu Gunsten der BGF ausfallen. Evaluierte Maßnahmen im Rahmen der Betriebliche Gesundheitsförderung rechnen sich praktisch immer.
Die von mir angebotenen Trainings in Stressmanagement basieren auf den in Deutschland am besten wissenschaftlich evaluierten Kursen. Das lohnt sich nicht nur für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch für Ihr Unternehmen!