Stressfolgekosten im Überblick.
Stressfolgekosten lassen sich nicht präzise ermitteln. Dazu sind die Auswirkungen von langandauerndem, überforderndem Stress zu vielschichtig. Dennoch gibt es eine Vielzahl von Indikatoren, die Rückschlüsse auf die Kosten von stressbedingten Ausfällen zulassen.
- Jeder AU-Tag eines Arbeitnehmers (Absentismus) kostet ein Unternehmen inklusive aller entstehenden Nebenkosten durchschnittlich 450-700 € (Statistisches Bundesamt 2006). Jede Verringerung dieser Krankentage durch aktives Stressmanagement zahlt sich also deutlich spürbar aus.

- Obwohl der Krankenstand in Deutschland in den letzten Jahren stetig gesunken ist, hat die Zahl der AU-Fälle durch »Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung« im Zeitraum von 2007 bis 2011 von 0,6 auf 4,8 Fälle pro 1000 Beschäftigten zugenommen, die Zahl der AU-Tage jedoch massiv von 8,1 auf 94,4 Tage! (Fehlzeitenreport 2012 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK WIdO. Die Zahlen der anderen Krankenkassen sind vergleichbar). Hinter den »Problemen mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung« verbirgt sich die ICD-10-Diagnose Z73 der WHO, in der u.a. die Diagnose Burn-out und andere Erschöpfungssyndrome und Stressfolgen zusammengefasst werden. Damit spiegeln diese Zahlen die Situation der Stressfolgen im engeren Sinne recht genau wider.
- Nicht enthalten in diesen Zahlen sind psychische Störungen, die häufig durch Dauerstress ausgelöst werden, allem voran depressive Störungen, aber auch Angststörungen, Anpassungsstörungen, Belastungsstörungen oder Abhängigkeitssyndrome. Psychische Störungen verursachen wesentlich mehr AU-Tage als alle anderen Krankheitsarten: durchschnittlich 22,5 Tage (Fehlzeitenreport 2012). Ein Beispiel für den Zuwachs an psychischen Störungen: Die Zahl der an einer Depression Erkrankten ist zwischen 1990 und 2010 um 117 % gestiegen (Barmer GEK Report Krankenhaus 2011). Psychische Störungen sind übrigens inzwischen die Hauptursache für Frühberentungen (Artikel dazu hier), die sich für Unternehmen auch in den Kosten niederschlagen. Die Hauptdiagnosen sind dabei Depressionen und Belastungsstörungen.
- Ebenfalls nicht enthalten in den AU-Tagen aufgrund stressbedingter Erschöpfung sind körperliche Erkrankungen infolge von Stress, die ein Vielfaches der psychischen Störungen betragen. Das sind z.B. Bluthochdruck, Hörsturz, Herz-Kreislauf- oder Magen-Darm-Erkrankungen. Stress erhöht nachweislich das Risiko für einen Herzinfakt oder Schlaganfall, möglicherweise auch für Diabetes und Krebs. Stress wirkt sich negativ auf das Immunsystem aus, wodurch es u.a. zu vermehrten Infekten kommen kann.
- Ebenfalls nicht enthalten sind stressinduzierte Befindlichkeitsstörungen wie Nervosität, Müdigkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, muskuläre Verspannungen oder Kopfschmerzen, die sich erheblich mindernd auf die Arbeitsleistung auswirken.
Zusatzkosten durch Verbleib am Arbeitsplatz trotz Einschränkungen
- Arbeitnehmer bleiben zunehmend trotz gesundheitlicher Einschränkungen am Arbeitsplatz. Dieses Phänomen nennt man Präsentismus. Der Produktivitätsverlust durch psychischen Störungen pro Mitarbeiter und Jahr liegt durch Absentismus (AU) bei 10,7%, durch Präsentismus bei 15,3%! (Studie »Präsentismus« der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin BAuA 2011, Artikel zum Thema.)
- Psychische Störungen zählen damit zu den „teuersten“ Krankheiten, da sie zu einem besonders hohen Verlust an Arbeitsproduktivität und damit an Bruttowertschöpfung führen. Dies kommt dadurch zustande, weil psychische Störungen stärker zum Präsentismus führen als andere Erkrankungen (Studie »Präsentismus«): Wer sich ein Bein gebrochen hat, bleibt zuhause, wer depressiv ist oder wessen Erschöpfung einen Krankheitswert erreicht hat, oft nicht.
- Eine internationale Studie bestätigt diese Ergebnisse in Bezug auf depressive Störungen exakt: Ihr zufolge beträgt der dadurch entstehende Produktivitätsverlust durch Absentismus und Präsentismus zusammengenommen 26 % pro Mitarbeiter pro Jahr (Goetzel et al 2004, Health, absence, disability, and presenteeism cost estimates of certain physical and mental health conditions, J Occup Environ Med, 46, 398-412).
- In der vielbeachteten Studie „Vorteil Vorsorge – Die Rolle der betrieblichen Prävention für die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland“ kommt die Strategieberatung Booz & Company zum Ergebnis: „Präsentismus verursacht doppelt so hohe Kosten wie krankheitsbedingte Fehlzeiten“. (Hier die Studie selbst).
- Wenn Sie im oben angeführten Beispiel Ihre Kosten durch AU-Tage geschätzt haben, multiplizieren Sie sie also einfach mit drei… Was ist Ihr Ergebnis?
Die gute Nachricht: Betriebliche Gesundheitsförderung spart mehr, als sie kostet!
Wenn Sie nun Ihre Kosten für Betriebliche Gesundheitsförderung dazu ins Verhältnis setzen, wird Aufwand und Nutzen bezifferbar. Lesen Sie mehr dazu im Beitrag »Stressbewältigung spart Geld«.
Weiterführendes
Die Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) hat im Rahmen des Projektes »Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – psyGA« ein interessantes Faktenblatt zum Stress in der Arbeitswelt und dessen Folgekosten erstellt, dass Sie hier herunterladen können. Hier ein weiteres Faktenblatt, das die Problematik von Stressbelastungen am Arbeitsplatz eindrucksvoll mit Zahlen untermauert.
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